Klimakterium virile

Wenn die Androgen-Produktion nachläßt, sinkt die Lebensqualität

Wenn auch die Sexualhormonspiegel bei Männern nicht so regelhaft und auch nicht so abrupt abfallen wie bei Frauen, kommt es doch bei vielen Männern um die 50 zu einer Androgenreduktion und damit oft zu einem Leistungsabfall. Es liegt nahe, analog zur Hormon-Ersatztherapie bei Frauen auch

Männern Sexualhormone zu geben.Allerdings ist diese Hormon-Ersatztherapie bei weitem noch nicht so gut erforscht wie bei Frauen. Erste Erfahrungen mit der Testosteron Substitution sind jedoch vielversprechend: das Allgemeinbefinden, die Leistungsfähigkeit und die sexuelle Zufriedenheit bessern sich.

Ein Beitrag von PD Dr. Friedrich Jockenhövel aus Köln

Etwa ein Drittel aller Männer über 50 Jahren leiden unter Zeichen verminderter “Virilität”. Im Gegensatz zu Frauen, bei denen die Hormonproduktion mit der letzten Monatsblutung relativ abrupt aufhört, erfolgt bei vielen Männern - jedoch längst nicht bei allen - eine langsame, jedoch stetige Reduktion der Testosteron-Produktion. Zwischen dem 40.und dem 70. Lebensjahr sinkt bei Männern das biologisch aktive freie Testosteron um etwa 1,2 Prozent pro Jahr.

Die Folgen der nachlassenden Hormonproduktion bei Frauen sind lange bekannt, hauptsächlich kommt es Osteoporose, trockenen Schleimhäuten mit Dyspareunie, faltiger Haut und nicht zuletzt vegetativen Symptomen wie Hitzewellen, Blutdruck- und Stimmungsschwankungen.

Bei Männern bleiben solche Beschwerden durch den sich langsam verändernden Hormonhaushalt häufig unerkannt, weil der Zusammenhang zwischen den typischen Symptomen und Hormonmangel bei Männern eher unbekannt ist.

Ausser der gravierenden Vernachlässigung bei der Forschung zu typischen Männerkrankheiten - die Forschungsetats für Frauenkrankheiten sind ungleich größer als die für Männerkrankheiten wie Prostatakrebs oder Andropause - tragen auch Männer selbst zu diesem Ungleichgewicht bei, in dem sie ärztliche Betreuung oft nicht annehmen oder Beschwerden ertragen, nach dem Motto “Ein Indianer kennt keinen Schmerz”.

Altersbedingt kommt es zu einem nachlassen der Muskelkraft und der körperlichen Leistungsfähigkeit, zu Osteoporose und zur Einschränkung der Sexualfunktionen. All dies verursacht oft eine erhebliche Morbidität und Minderung der Lebensqualität. Weiterhin kommt es mit zunehmendem Alter bei Männern zu einer  Zunahme der Fettmasse, die oft auch mit metabolischen Veränderungen wie einer Zunahme der Insulin - Resistenz vergesellschaftet ist, die dann wiederum das Risiko von Gefäß und Herzkrankheiten erhöht. Auch Auch zeigte sich eine Blutarmut durch den Androgenmangel, mit allen möglichen Konsequenzen einer reduzierten Anzahl an Sauerstoffträgern.

Ob alle Veränderungen ausschließlich eine Folge des Testosteron-Defizits sind oder ob auch die nachlassende Produktion der Wachstumshormone beteiligt ist, ist derzeit unklar. Dagegen gibt es nach heutigem Kenntnis keinen Anhalt dafür, dass DHEA am Alterungsprozeß beteiligt ist oder einen klinischen Effekt hat.

Um die Behandlung mit Östrogenen einzuleiten, muß bei Frauen um die 50 Jahre mit typischen Wechseljahresbeschwerden nur eine gynäkologische Untersuchung erfolgen. Bei dieser Untersuchung dient die Hormonbestimmung lediglich zur Bestätigung, dass sich die Patientin tatsächlich in der Menopause befindet.

Wie läßt sich ein Testosteronmangel bei Männern feststellen ?

Bei Männern ist die Situation wesentlich komplexer, da es ja nicht wie bei Frauen zu einem Ausbleiben der Monatsblutung kommt, das ein Zeichen für ein Hormondefizit gibt.

Die Diagnostik umfaßt bei Androgenmangel - einschließlich der Befragung nach der Leistungsfähigkeit und der Vita sexualis - die eingehende Untersuchung mit Beurteilung der Androgen-Zielorgane. Dabei können z.B. eine Muskelatrophie, nachlassende Sekundärbehaarung oder ein Rundrücken Hinweis auf einen Androgenmangel geben. Liegen solche Zeichen vor, sollten Testosteron und Gonadotropin-Werte bestimmt werden.

Zu weiterführenden Diagnostik gehören auch die Bestimmung des Blutbildes - z.B. zur Feststellung einer Androgenmangelanämie -, des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) und der Fettstoffwechselwerte. 

Bei Knochenschmerzen oder krankhaften Brüchen ist eine Messung der Knochendichte zu veranlassen, um die  Mineralisation abzuschätzen und gegebenenfalls eine Osteoporose zu entdecken.

Testosteron-Behandlung hat positive Effekte, bisher ohne Nebenwirkung

Die Erforschung der Hormonbehandlung bei Männern hinkt der bei Frauen um etwa 20 bis 30 Jahre hinterher. Dezeit wird der Stellenwert einer Testosteron-Therapie bei altersbedingter Andropenie in Studien erprobt. Die vorliegenden Ergebnisse umfassen Therapiephasen bis zu drei Jahren und zeigen positive Effekte ohne wesentliche Nebenwirkungen. Dennoch ist die Testosteron-Therapie in der Andropause derzeit noch experimentell. Daher sind besondere Sorgfalt bei der Stellung der Indikation, dem Ausschluß von  Kontraindikation und der Dokumentation erforderlich.

Die Indikation zur Therapie mit Testosteron bei Männern mit Andropenie kann derzeit nur gestellt werden, wenn die Kombination einer wiederholt nachgewiesenen erniedrigten Testosteron-Konzentration mit klinischen Zeichen eines Androgenmangels vorliegt und Kontraindikationen ausgeschlossen wurden. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die besonders oft beklagte Errektionsstörung fast immer mehrere Ursachen hat und nur selten durch eine Testosteron-Therapie gebessert wird. Daher sollten Erektionsstörungen als isoliertes Symptom kein Anlaß zu einer Behandlung mit Testosteron sein.

Mit Pflastern steigt Testosteron mehr als mit oralen Präparaten

Für Frauen stehen zur Hormonersatztherapie mehr als 50 Präparate zuzüglich verschiedener Dosierungsstufungen in allen erdenklichen Applikationsformen - oral, transdermal, vaginal u.s.w. - zur Verfügung. Für Männer waren lange Zeit nur die intramuskuläre Injektion von Testosteron-Enanthat oder Testosteron-Pflaster geeignet.

Langwirkende Testosteron-Applikationsformen - Testosteron-Pellets und Testosteron-Undekanoat - können bei Komplikationen, z.B. bei verdächtigem Prostatabefund, nicht sofort beendet werden. Und durch orale Präparate kann der Testosteronspiegel meistens nicht ausreichend angehoben werden, da die Leber die Substanz wieder abbaut. Dies ist jetzt besser nach Einführung von Testosteron-Gel 1%, das über die Haut aufgenommen werden kann. Andere Androgene wie DHEA oder Androstendion weisen eine wesentlich geringere Wirkung als Testosteron auf.

Testosteron wirkt positiv auf Muskelkraft und Knochendichte

Die bisherigen Studien zur Testosteron-Therapie bei älteren Männern belegen eine Zunahme der Muskelmasse und der Muskelkraft, so dass auch eine funktionelle Verbesserung resultiert.Ferner wird der Knochenabbau gebremst und die Knochendichte nimmt zu.

Vor allem Männer mit vorher niedrigem Testosteronspiegel reagieren mit einer starken Zunahme der Knochendichte während einer Testosterontherapie. Der endgültige Nachweis, dass sich durch eine solche Behandlung auch das Bruchrisiko senken läßt, steht alledings noch aus.

Durch Hormon-Therapie steigt die sexuelle Zufriedenheit

Es gibt keinen sicheren Nachweis dafür, dass sich durch Testosteron bei älteren Männern das Errektionsverhalten bessert. Dennoch nimmt die sexuelle Zufriedenheit dieser Männer unter einer Testosteron-Therapie zu, so dass auch bei Patienten mit nachlassender Libido ein Therapieversuch unternommen werden kann.

Gibt es Nachteile ?

Nachteilige Effekte auf die Prostata sind, entgegen möglichen Erwartungen, bisher nicht aufgetreten. In keiner Untersuchung traten bei den Testosteron-behandelten Männern Veränderungen an der Prostata auf. Dennoch ist eine regelmäßige Untersuchung (sonographisch) und die Kontrolle des PSA-Wertes Bestandteil der Verlaufskontrolle.

Textauszüge aus einem Beitrag von:

PD Dr. Friedrich Jockenhövel

Klinik II und Poliklinik für Innere Medizin Universität zu Köln

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